Rundgang Lautawerk

Einleitung

Ohne den 1917 begonnenen Bau des Lautawerks wäre das Gebiet zwischen Lauta-Dorf und Laubusch Kiefernwald und Heide, gäbe es weder Lauta-Nord noch Lauta-Süd, würden hier wesentlich weniger Menschen leben.
Seit Ende der 1990er Jahre ist das Lautawerk verschwunden. Nur noch wenige Gebäude und andere bauliche Restbestände erinnern an seine einstige Größe und Bedeutung. In einem Traditionskabinett ist vieles an Erinnerungen aufbewahrt. Öffentlicher Zugang ist dazu eingeschränkt möglich, eine von der breiten Öffentlichkeit getragene Beschäftigung mit der Geschichte des Werkes, das über Generationen das Leben der Lautawerker und vieler anderer Menschen prägte, fand nie statt.

Dieser Rundgang soll helfen, sich zu erinnern und dabei das eigene Leben, das der Eltern und Großeltern bzw. Urgroßeltern zu hinterfragen sowie über die Frage nachzuzudenken, ob es nicht wichtig ist, diese Erinnerungen zu bewahren.

Wer weiß, wo man herkommt, wird die Gegenwart besser verstehen und sich in ihr zurechtfinden und einen positiveren Blick auf die Zukunft haben.

Rundgang

Beim Betreten des Werksgeländes tritt man ein in insgesamt 72 Jahre Industriegeschichte. Der erste Entwicklungsabschnitt ging von 1917 bis 1945 (Zerstörung des Werkes durch die Bombenangriffe), der zweite von 1945 bis ca. 1964 (Wiederbeginn der Aluminiumproduktion) und der dritte von 1964 bis 1990 (Einstellung der Produktion).
Zeugen der ersten zwei Entwicklungsabschnitte sind teilweise vorhanden. Was bei Kriegsende nicht umfassend zerstört, abgerissen oder demontierte worden war, ging mit ein in den Wiederaufbau des Lautawerks.
Bezug genommen wird bei dem Rundgang vor allen auf den Zustand des Werkes im Jahr 1990, was den Standort und die Bezeichnung einzelner Gebäude oder der Werkstätten betrifft. Falls Material vorhanden und die Zuordnung eindeutig möglich ist, wird auch auf die Zeit vor 1945 zurückgegriffen.

Bauzeichnung des Lautawerks, um 1918. Von Westen in Richtung Nordosten aufgenommen.
Baubüro Lautawerk der Siemens-Schuckert-Halske Werke, Frankfurt a. Main, um 1918. Das Bild ist leider an Unbekannt verkauft.
Das Lautawerk, nach Meßtischblatt 1920 mit Ergänzungen 1924.
Das Lautawerk, um 1987.

Werkspförtner Süd (101)

Es gab drei Betriebseingänge, nach der Reihenfolge ihrer Einrichtung: Südpförtner, Hauptpförtner und Nordpförtner. Diese hatten einen Personendurchlass und Durchlass für Fahrzeuge (motorisiert oder nicht motorisiert). Wachpersonal sorgte rund um die Uhr dafür, dass nur autorisierte bzw. mit einem Betriebsausweis ausgestattete Personen des Werksgelände betreten durften. In besonderen Fällen (z. B. Arztbesuch im Betriebsambulatorium) durften auch Familienangehörige von Beschäftigten des Lautawerkes auf das Gelände. Beim Verlassen des Werkes konnte das Wachpersonal auch Taschen- bzw. Fahrzeugkontrollen vornehmen.
Über die Schichtzeiten vor 1945 ist nichts weiter bekannt. Vermutlich gab es eine Normalschicht von Montag bis Sonnabend (6 Uhr bis 15 Uhr) und ein Zweischicht-System mit jeweils 12 Stunden (6 Uhr bis 18 Uhr oder 18 Uhr bis 6 Uhr).
Nach 1945 gab es entweder Normalschicht von Montag bis Sonnabend bzw. später bis Freitag, 6.45 Uhr bis 15 Uhr) oder das Dreischicht-System von Montag bis Sonntag, 6 Uhr bis 14 Uhr (Frühschicht), 14 Uhr bis 22 Uhr (Spätschicht) und 22 Uhr bis 6 Uhr (Nachtschicht). Schichtbeginn und -ende wurden, für alle Einwohner Lautawerks hörbar, mit der Werkssirene verkündet.

Straße A

Zentrallabor (102)

linke Straßenseite

Labor-Magazin, Spektrallabor, Partielabor, Probenvorbereitung, Tw-Labor, Hauptlabor, Lehrlabor

Bahnbetrieb mit Lokschuppen (105/105 d)

rechte Straßenseite

Im Lautawerk eingesetzte Lokomotive, um 1920. Quelle: Sammlung Ortrun Rümcke
Der Lokschuppen. Quelle: Sammlung Ortrun Rümcke

Anschlussbahnleiter, Fahrbetrieb, Gleisbau, Wiegehaus, Werkstatt, Magazin

Restbestände der Werkbahn des Lautawerks (blau eingezeichnet).

Geschichte der Werkbahn des Lautawerks

Ab Mitte 1917 wurde auf der künftigen Werksliegenschaft mit der Verlegung eines Gleisnetzes begonnen. Es wies zahlreiche Verzweigungen und hatte letztlich ein Länge von 40 km. Hinzu kam ein Anschlussgleis vom Bahnhof Schwarzkollm bis zum Lautawerk mit einer Länge von 6 km. Für die Gleisarbeiten stellte die Militärverwaltung eine Kompanie Eisenbahner (ca. 145 Personen) zur Verfügung. Über einen Abzweig wurde auch das Anschlussgleis der Grube Erika genutzt. Für die gesamten Gleisbauarbeiten wurde die Philipp Holzmann AG (Sitz Frankfurt am Main) verantwortlich gemacht.

Von Osten kommend, führte das Anschlussgleis erst parallel auf der Nordseite der Bahnlinie Falkenberg-Horka. Das Einfahrtstor zum Werksgelände westlich des Tornoer Weges ist heute noch vorhanden. Das Haupt-Erschließungsgleis führte weiter entlang des Werkzaunes in einigem Abstand parallel zu den das Werksgelände umfassenden Straßen, um dann wieder Richtung Süden einzuschwenken. Hier unterquerte es das Viadukt der 900 mm-spurigen, 1918 eröffneten Kohlebahn, die von Nordosten aus Richtung Laubusch den Bunker des Kraftwerkes bediente. Vom Hauptgleis zweigten eine große Zahl Stichgleise in den inneren Bereich ab; geradezu mustergültig waren alle Bereiche des Werkes mit einem nennenswerten Transportaufkommen angeschlossen.
Auf einem historischen Foto ist zu erkennen, dass um 1919 zum Bau der Werkssiedlung Lauta-Nord direkt am südlichen Rand der heutigen Straße der Freundschaft regelspurige Gleise verlegt wurden, um die Baumaterialtransporte unmittelbar ans Baugelände zu bringen. Das stellt eine Besonderheit dar – üblich ist zu jener Zeit eher der Einsatz von leicht zu verlegenden Feldbahnen in 500 oder 600 mm-Spur.
Zudem bestand ein Anschlussgleis zur südöstlich angelegten Rotschlammhalde, zu welcher die nicht verwertbaren Abprodukte der Aluminiumproduktion verbracht wurden. Es verließ, leicht ansteigend, das Werksgelände in einem weiten Südostbogen, um auf einer heute nicht mehr vorhandenen Brücke die Friedrich-Engels-Straße zu überqueren. Zur Erschließung einer zweiten, südlich gelegenen Halde entstand ein imposantes, sehr hoch liegendes Brückenbauwerk, welches heute noch vorhanden ist (Objekt 31000151).
Die umfangreiche Anlage wurde mit dem Abriss des Werkes demontiert. Einige Gleisreste finden sich nahe dem oben erwähnten Gleistor, nördlich parallel zur Straße der Freundschaft und im Bahnhof Schwarzkollm, wo auch der regelspurige Anschluss zur Verladung/ zu den Werkstätten der Brikettfabrik Laubusch seinen Anfang nahm.
Die heute vorhandenen Spuren sind von industrie- und regionalgeschichtlichem Interesse.
(Tom Pfefferkorn, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2022)

Küchengebäude (209)

rechte Straßenseite (hinter Lokschuppen)

Küche
Gruppenleiter Küche, Verkauf Essenmarken, Gästezimmer, Speisesaal, Kartoffellager

Betriebliche Sicherheitsorgane
VP-Hauptwache (Dienststellenleiter), Ministerium für Staatssicherheit, Sicherheitsinspektor, Brandschutzinspektor, Zivilverteidigung (Komiteeleiter)

FDGB-Feriendienst
Sachbearbeiter für Feriendienst, Kultur und Sport
Zuständig für die Winter- und Sommerferienlager des Betriebes sowie seit 1964 für das Ferienheim Neusalza-Spremberg.

Gruppe Wohnunterkünfte und Gästehaus
Der Gruppenleiter dieses Bereichs verwaltete die Wohnunterkünfte des VEB Aluminiumwerk “Albert Zimmermann” Lauta in der Nordstraße, Friedrich-Engels-Straße und in der Arndtstraße sowie das Gästehaus in der Senftenberger Straße.

TV 10

linke Straßenseite

In den 1980er Jahren aufgebaute Versuchsanlage für die Herstellung von Tonerde aus einheimischem Ton. Damit wurde ein Projekt aus den 1930 er Jahren wieder aufgenommen. Es ging in beiden Fällen darum, sich unabhängig von Bauxit-Importen zu machen. Als Tonlieferant galt wegen der besonderen Qualität des Tones vor allem die Tongrube Guttau bei Bautzen.
Die Sicherheitsstufe für die Anlage war im Vergleich zu den anderen Betriebsbereichen sehr hoch.
Folgende Arbeitsbereiche gab es in TV 10:
– Leiter TV 10
– Objektingenieur TV 10
– Investleiter, Parteibeauftragter
– Invest-Planung, Invest-Realisierung mit Invest-Lagerleiter
– Ausrüstungsbeschaffung
– Projektierung mit Projektingenieure für ET und BMSR, MTA, Bau
– Objektleitung Aufschlussanlage mit Objektleiter, Objektingenieur, Objektingenieur-BMSR und Objektingenieur-E-Technik
– Objektmeister Transport
– Baurealisierung
– Konstruktionsbüro
– Rationalisierung und Ersatzinvestition

Verwaltung/ Magazin (110)

Vor 1945 war es das Hauptmagazin des Lautawerks. Später hatte hier die Betriebsleitung des Chemiewerks/Aluminiumwerks ihren Sitz.

rechte Straßenseite

Betriebsdirektor
Direktor für Produktion
Direktor für Technik und Entwicklung
Direktor für Ökonomie
Hauptbuchhalter
Direktor für Kader und Bildung
Direktor für Beschaffung und Absatz
Leiter für Arbeits- und Lebensbedingungen
Sekretär Betriebsparteiorganisation SED (BPO)
Vorsitzender Betriebsgewerkschaftsleitung FDGB (BGL)

Verwaltung des Aluminiumwerkes, u.a. Büro des Betriebsdirektors, und die Betriebsverkaufsstelle (vorn).

Betriebsverkaufsstelle (301)

rechte Straßenseite
Verkaufsraum, Büro
Büro Sozialversicherung (?)

Baracke für Kultur u. Politarbeit (303)

linke Straßenseite
Betriebszeitungsredaktion (Redakteur, Sekretariat)
FDJ-Betriebsleitung (FDJ-Sekretär, Sekretariat)
Jugendbeauftragter?
Frauenkommission
DSF-Organisation
GST?
Bibliothek

Konstantinhaus (305)

linke Straßenseite

UTP-Baracke (304)

linke Straßenseite

Bauabteilung (307 bis 309)

linke Straßenseite
Maurer, Maler, Garagen

Männerbad (306)

Hauptwerkstatt (317)

rechte Straßenseite

Berufsausbildung (318)

rechte Straßenseite
Leiter Berufsausbildung/Lehrobermeister
Lehrmeister Chemie
Lehrmeister Instandhaltung u. Lehrschweißer
Lehrmeister Elektrotechnik u. E-Kabinett
Bearbeiter für Planung und Abrechnung der Berufsausbildung
Lehrmeister der Polytechnik

Elektrowerkstatt (313)

linke Straßenseite
Instandhaltung, Schaltanlagen, Krane und Ladestation, Installation, Mechaniker, Störungstrupp, Stationen St, Aw, Amg, Tf, Telefonzentrale (im Verwaltungsgebäude), Telefonstörungsstelle

Frauenbad (311)

Die Bäder wurden auch Waschkaue genannt.

Zimmerei (314)

Ladestation für Elektrokarren (315)

Tonerdefabrik

Berufsausbildung/Labor (501)

rechte Straßenseite

Anrührerei (502

Galliumanlage (503)

Gallium wird als Nebenprodukt bei der Aluminiumherstellung aus Bauxit im Bayer-Verfahren gewonnen. Eisenoxid – wurde aus dem Rotschlamm gelöst und in Waggons nach Eisenhüttenstadt transportiert, wo es verhüttet wurde. Für viele technische Anwendungen wird sehr reines Gallium benötigt; für Halbleiter beispielsweise darf es mitunter nur ein Hundertmillionstel an Fremdstoffen enthalten.

Mühlengebäude (504)

Trocknerei (702)

Lagerhalle 1 (703)

Kreuzung Straßen A und D

Lufbildaufnahme Lautawerk, um 1931.

Das Luftbild wurde in Richtung Nordwesten aufgenommen. Es zeigt sehr gut die der Herstellung von Aluminium folgende logische Anordnung der Gebäude und Produktionsbereiche. Man sieht, dass die dem Lautawerk zur Verfügung stehende Fläche noch nicht voll bebaut worden ist.
Am oberen Bildrand ist schwach die Kolonie Nord zu sehen. Die zwei Schornsteine links und die davor angeordneten Gebäude gehören zur Tonerdefabrik und die längs stehenden Hallen am unteren Bildrand sind die Ofenhäuser der Aluminiumhütte. Die drei Schornsteine rechts gehören zu den Kesselhäusern des Kraftwerks (die drei Gebäude davor). Sehr gut zu sehen die sechs Kühltürme. Hier wurde der zum Antrieb der Turbinen und damit zur Herstellung von Strom genutzte Wasserdampf wieder heruntergekühlt und neu verwendet. Das Turbinenhaus steht quer zwischen den Kesselhäusern und den Kühltürmen. Das rechts oberhalb der Ofenhäuser stehende Quergebäude könnte die Gleichrichterstation (?) gewesen sein, wo der für die Aluminiumherstellung benötigte Gleichstrom erzeugt und auf der benötigten Spannungshöhe gehalten wurde. Ein Stromausfall wäre tödlich für die Aluminiumöfen und für die -produktion. In der Bildecke rechts unten sind die Gebäude am Hauptpförtner zu sehen. Rechte oben hinter den drei Schornsteinen ist die Hochbahn zu sehen, über die die zur Stromerzeugung benötigte Kohle aus der Grube Erika gebracht wurde,
Nicht auf dem Bild: der Wasserturm sowie der südliche und südwestliche Bereich des Werksgeländes.

Lautawerk, nordöstlicher Bereich, 1920er Jahre.

Das obige Bild zeigt den Bereich zwischen Hochbahn, Kesselhäusern und Kühltürmen. Sehr gut zu sehen auch der Wasserturm für die Trinkwasserversorgung des Lautawerkes und der Werkssiedlungen im Norden und Süden.

Luftbild Lautawerk, um 1925. Richtung Osten.

Rechts oben ist die noch durch freie Heidelandschaft führende Straße vom Lautawerk nach Laubusch. Die Fläche links und rechts der Straße ist schon vom Kiefernwaldbestand “befreit” und wird in den folgenden Jahren alles aufnehmen, was bei der Produktion von Braunkohlenbrikett als Restprodukt anfiel. Vor der künftigen Fläche der Halden steht der Wasserturm. Rechts zu sehen die Ofenhäuser der Aluminiumhütte. Bildecke rechts unten möglicherweise der Südpförtner und in der linken unteren Bildhälfte die Tonerdefabrik. Links ein kleiner Ausschnitt von Nord.

Tonerdefabrik, um 1930.

Das Lufbild zeigt die Tonerdefabrik aus Richtung Westen. Die beiden Schornsteine gehören vermutlich zur Tonerdecalcinierung (Tca). Könnten aber auch zu einem anderen Produktionsbereich gehören.
Die Tonerdefabrik bestand aus:

Tonerde-Trockenbetrieb (TTR)

Hier erfolgte die Lagerung, Trocknung, Brechung und Mahlung des Bauxites, nachdem er von der Halde kam.

Tonerde-Eindampferei (TE)

Hier wurde die verdünnte Natronlauge aus der Tonerde- Weißpresse TW wieder eingedampft, um die Konzentration zu erhöhen und die Lauge dem Produktionsprozess wieder zuführen zu können.

Tonerde-Weißpresse (TW)

Hier erfolgte die Filtration des Gemisches aus den Impfbehältern, wo durch Impfung der aluminiumhaltigen Lauge mit Hydrat eine Kristallisation stattfand. Die Filtration erfolgte über Trommelfilter und es entstand das Aluminiumhydrat, welches zur Weiterverarbeitung nach Tca gefördert wurde, wo die Calzinierung erfolgte.

Tonerde-Calzinierung (TCA)

Die Kristalle wurden in Drehrohröfen eingefüllt, wo sie bei einer Temperatur von 1000°C zu Tonerde umgewandelt wurden. Die Tonerde sieht aus wie ein feines, weißes Pulver, das für die Herstellung von reinem Aluminium weitergenutzt wurde.

Tonerde-Rotpresse (TR)

Nachdem das aufgeschlossene Natronlauge-Bauxitgemisch, was in der Autoklavenbatterie bei hohem Druck und Temperatur erfolgte, nach TR gepumpt wurde, begann die Trennung der Komponenten. In riesigen Sedimentationsbehältern (Eindicker) erfolgte die Trennung der aufgeschlossenen aluminiumhaltigen Lauge von den Feststoffen (Schlamm). Die geklärte Lauge wurde nach TW in die Impfbehälter gepumpt und der Schlamm gewaschen und über Trommelfilter getrennt in Schlamm und Lauge. Der Schlamm wurde mit Wasser aus dem Restloch Lauta pumpfähig gemacht und wieder in das Restloch verspült. Hier sollte sich der Schlamm am Grund absetzen. Früher erfolgte die Entsorgung auf der “Rotschlamm-Kippe”, was umwelttechnisch große Probleme bereitete.

ZRA

Blick Richtung Westen zum Standort der einstigen Kalksandstein-Fabrik und der späteren Zentralen Reparatur-Abteilung des Kraftwerks Lauta (ZRA). In den 1990er Jahren wurde der gesamte Komplex an der heutigen Mittelstraße abgerissen und die freie Fläche seitdem als Festplatz genutzt.

Kalksandstein-Fabrik der Baufirma Hager, 1920er Jahre.

Bauxit-Halden

Im Uhrzeigersinn sieht man in Richtung Norden, ca. 11 Uhr, auf den Standort der einstigen Bauxit-Halden. Die mit Bauxit beladenen Güterzuge kamen über ein in Höhe der einstigen Gaststätte “Waldesruh” von der Bahnlinie Falkenberg/Elster – Horka abgehendes Gleis durch das Werksgelände gefahren. Die Waggons wurden mit Baggern ausgeladen und der Bauxit durch Raupen auf Halde geschoben. Das Bauxit als Ausgangsmaterial für die Gewinnung von Aluminiumoxid kam vorwiegend aus Ungarn und Jugoslawien und in den 80er Jahren zu etwa 40 % aus Guyana, Guinea und der BRD.
Die auf der Südseite der Straße der Freundschaft zwischen Senftenberger Straße und Röntgenplatz stehenden Häuser sowie die Straße der Freundschaft 27 bekamen bei Wind aus Richtung Süden den roten Staub von den Halden bis in die Wohnungen. Der Wind wehte fast immer ungünstig und es gab kein Mittel, die Fenster so abzudichten, dass der Staub nicht in der Wohnung landete. Die Rotfärbung auf dem Putz der Häuser zeigte, wie weit der Staub kam.
Das Thema Umweltschutz spielte in Lauta bis weit in die 1980er Jahre keine Rolle. Neben dem roten Staub des Bauxits, gab es den rotbraunen Staub aus den Schornsteinen der Kesselhäuser des Kraftwerks, den weißen aus der Tonerdefabrik und den schwarzen aus der Brikettfabrik in Laubusch. Sonntags oder zu Feiertagen in hellen Sachen auf die Straße gehen zu müssen, war für uns ein Graus. Viele bevorzugten deshalb dunklere Sachen, da sah man die Spuren des mit Schweiß vermischten Staubes nicht so gut.

Nordpförtner

Gegen 12 Uhr, in Richtung Norden, befand sich der nördliche Zugang zum Betriebsgelände, der Nordpförtner. Die durch ihn verlaufende Straße ging geradeaus in Richtung Süden, bog aber hinter den Gleisen der Bauxitbahn nach links zum Kraftwerk Lauta ab und nach rechts zum Aluminiumwerk.

Teerteiche

Die Teerteiche 1 bis 3 wurden von 1919 bis 1968 zur Einleitung BTEX-, teeröl- und phenolhaltiger Abwässer aus der Generatorgaserzeugung des Aluminiumwerkes genutzt. Später verschwanden darin auch Bauschutt, Schrott und sonstige Abfälle. 1985 gab es erste Überlegungen zur Sanierung. Gutachten aus hydrogeologischer Sicht wurden erstellt. Nach 1990 nahm die Untersuchung der Altlastensituation in Lauta größere Intensität an. Im Auftrag der damaligen Grundstückseigentümerin TLG Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mbH wurden durch das Dresdner Unternehmen GICON. Großmann Ingenieur Consult GmbH ab 1998 komplexe Sanierungsmaßnahmen geplant. Sie kamen nicht zur Durchführung. Ab 2001 wurde ein von GICON bei der nunmehrigen Grundstückseigentümerin SGSG Sächsische Grundstückssanierungsgesellschaft mbH eingereichter Sanierungsplan umgesetzt. Am 29. September 2005 wurde mit der Endabnahme einer bereits zu einem großen Teil begrünten Fläche die Sanierung der Teerteiche in abgeschlossen. 1Vgl. Sanierung der Teerteiche 1- 3 in Lauta abgeschlossen. In: GICONCRET, Dezember 2005, S. 2.

Wasserturm

1918 gebaut, denkmalgeschützt. Höhe: 55 m.2https://wiki.wasserturm-gesellschaft.de/index.php?title=Hauptseite#Sachsen Er diente der Bereitstellung des für das Lautawerk und die angrenzenden Wohnsiedlungen Nord und Süd benötigten Brauch- und Trinkwassers .
Auf der zum Bau des Lautawerks und der Siedlungen genutzten Fläche gab es keine Oberflächengewässer zur Gewinnung von Trinkwasser. Die Anlage von Tiefbrunnen erschien wenig erfolgreich angesichts der Höhen von ca. 125 m ü. NN. Nächstgelegenes Oberflächengewässer war die Schwarze Elster. Vom Wasserwerk Tätzschwitz wurde bereits die neue Werkssiedlung Laubusch mit Wasser versorgt. Die Leitung wurde bis zum Lautawerk verlängert und das Wasser im Wasserturm gespeichert. Ab den 1950er Jahren kam das Wasser von dem neu gebauten Wasserwerk Brandenburger Tor.

Der Wasserturm war von der Firma Dyckerhoff & Widmann in Stahlbetonbauweise errichtet worden. Ursprünglich war ein monumentaler Entwurf des Berliner Architekten Ernst Rentsch vorgesehen. Jedoch zwang das geringe Budget des Auftraggebers zu einer Planänderung, nach der schließlich ein auf das konstruktiv Notwendige beschränkter, betonsichtiger Entwurf des Direktors der Dyckerhoff & Widmann AG unter Mitwirkung des Baubüros der
Chemischen Fabrik Griesheim-Elektron zur Ausführung kam. In das Gerüst aus acht Stahlbetonstützen, das von Ringankern statisch verspannt wird, sind zwei Stahlbetonwasserbehälter des Bautyps Intze integriert. Im unteren, 400 Kubikmeter fassenden Wasserbehälter, wurde Betriebswasser für die Produktion vorgehalten; der obere Behälter (Fassungsvermögen 250 Kubikmeter) speicherte Trinkwasser. Auf füllende Wandflächen wurde verzichtet, was jedoch zur Folge hatte, dass die Behälter aus Frostschutzgründen jeweils mit eigenem Boden, Wänden und Dach eingehaust werden mussten. Die zentral geführten
Wasserleitungen werden durch einen schmalen Treppenturm, der aus fertigen Betonelementen errichtet wurde, umschlossen. Nachträgliche Bearbeitungsspuren dieser Fertigteile in herkömmlicher Steinmetztechnik (bossiert, scharriert) akzentuieren diesen zentralen Teil des Turmes.3Wasserturm Lauta“. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-30900166 (Abgerufen: 23. Februar 2024) Das Innere des Turmes und die über zwei Stockwerke verteilte Gesamtfläche von 200 Quadratmeter werden durch eine Wendeltreppe erschlossen.
Mehrere Versuche, den Wasserturm zu verkaufen und nach umfangreicher Sanierung einer neuen Nutzung als Wohn- bzw. Geschäftsobjekt zuzuführen, waren bislang nicht erfolgreich.
Der Wasserturm gilt als Wahrzeichen der Stadt Lauta.

Quelle: Wikipedia
Wasserturm mit Hochbahn und Beamtencasino (?), um 1930. Foto: Archiv Jens Lienig

Hochbahn

Die für die Stromerzeugung benötigte Braunkohle kam aus der Grube Erika bei Laubusch. Nach einem zwischen den Vorständen der Ilse-Bergbau-Actiengesellschaft und der VAW AG für die Zeit vom 1. Dezember 1917 bis zum 31. Dezember 1967 ausgehandelten Kohlelieferungsvertrag, verpflichtete sich die Ilse AG zur Lieferung von jährlich 20 bis 25 Millionen Hektolitern Förderbraunkohle. Bei Bedarf konnte dies auf 40 Mio. jährlich erhöht werden.
Der Transport der geförderten Rohbraunkohle erfolgte mit der Kohlebahn auf einer zweigleisigen ebenerdig verlaufenden Trasse, ab Laubusch auf einem aufgeschütteten Bahndamm und endete schließlich auf der in Form eines Viadukts gebauten Hochbahn am südlichen Rand des Lautawerks. Die Bahnlinie hatte zwei Straßenbrücken: eine in Laubusch über die Hauptstraße und die andere weiter westlich über die B 96.

Hochbahn Kraftwerk Lauta. Quelle: Sammlung Ortrun Rümcke
Hochbahn, 1936.
Abriss der Brücke über die B 96. Quelle: Sammlung Ortrun Rümcke

Kohlebunker u. Bekohlung

Bekohlungsanlage Kraftwerk, um 1940. Foto: Archiv Jens Lienig

Die mit der Rohbraunkohle beladenen Waggons wurden über eine im Fahrzeugboden vorhandene Öffnung in die Kohlebunker entladen. Jeweils ein Zug wurde abgefertigt. Waren dessen Waggons geleert, fuhr er raus und der nächste Zug kam rein.
Die Rohbraunkohle fiel in die Kohlebunker und weiter auf Förderbänder. Sie wurde gebrochen, gemahlen und getrocknet. Als Kohlestaub kam sie in die Brennkammern der Kesselanlagen in den Kesselhäusern transportiert und dort vollständig verbrannt.

Die Arbeit in der zum Teil im Keller gelegenen Bekohlung gehörte zu den schwierigsten und schmutzigsten im Kraftwerk. Die hier tätigen Beschäftigten, Männer und Frauen, hatten zumeist keine abgeschlossene Berufsausbildung. Aber es zeichnete sie aus, dass sie unter den widrigsten Bedingungen verlässlich ihre Arbeit verrichteten.

In diesem Bereich bestand ständig die Gefahr einer Kohlenstaubexplosion. Als Lehrling musste ich einmal eine Lampe durch eine neue ersetzen. Dabei rutschte ich mit dem Schraubenzieher ab und erzeugte einen geringen Stromüberschlag, mit Funken, die in den Kohlenstaub fielen. Sofort musste der Helm runter, der Kohlenstaub mit den Funken dort rein und auf schnellstem Weg nach draußen entsorgt.

Kesselhäuser

Kesselhaus 1 mit Betriebsambulatorium (links), 1992. Foto: Jens Lienig

Die bei der Verbrennung des Kohlestaubs frei werdende Wärme wurde vom Wasserrohrkessel aufgenommen, der eingespeistes Wasser in Wasserdampf umwandelte. Der Wasserdampf passierte den Überhitzer und strömte über Rohrleitungen zur Dampfturbine.

Turbinenhaus

Turbinenhaus, 1992. Foto: Jens Lienig

In der Dampfturbine gab der Wasserdampf eine Teil seiner Energie ab, entspannte sich und kühlte ab. Die durch den Wasserdampf angetriebene Turbine brachte eine mechanische Leistung, die durch einen mit ihr gekoppelten Generator in Strom umgewandelt wurde. Der sich entspannende und abkühlende Wasserdampf kam in einen Kondensator, in dem er seine Wärme in Kühltürmen an das Kühlwasser übertrug und kondensierte.

Kühltürme

Aus dem Becken des Kühlturmes förderte eine Speisewasserpumpe das entstandene flüssige Wasser als Speisewasser erneut in den Wasserrohrkessel und wurde dort wieder zu Wasserdampf.

Funktionsprinzip eines Kohlekraftwerks. Quelle: Wikipedia

Zentralschaltanlage

Zentralschaltanlage Kraftwerk , 1924. Foto: Archiv Jens Lienig
Die Reste vom Kraftwerk Lauta, vorn rechts, das Verwaltungsgebäude, oben links das Magazin. Zu sehen, ist noch der letzte Schornstein, vom Kesselhaus drei. Fotografiert von den Behältern, von TV 5 aus, Mitte der 90 er Jahre. Foto: Jens Lienig

Straße B

Werktor zwischen Kraftwerk und Chemiewerk, 1950. Blick Richtung Kraftwerk.

Bis 1945 war das Lautawerk ein einheitlicher Betrieb unter Einschluss des Kraftwerks. Nach dem Krieg wurde das Kraftwerk verselbständigt und zwischen ihm und dem Chemiewerk (später Aluminiumwerk) ein Zaun gezogen sowie ein Kontrolldurchlass errichtet. Das einst gemeinsame Betriebsambulatorium kam zum Chemiewerk. Das Kraftwerk erhielt später ein eigenes. Ebenso wurde auch mit der Betriebsfeuerwehr verfahren.

Ambulatorium (607)

rechte Straßenseite
Das Betriebsambulatorium befand sich in der Mitte zwischen dem Kraftwerk und dem Aluminiumwerk sowie unweit der Tonerdefabrik.
Folgende Personen arbeiteten dort und folgende Bereiche gab es: Leiter Ambulatorium, Leitende Schwester, Zahnarzt, Zahntechniker, Hygieneabteilung, Sozialversicherung (SV), Massage.

Betriebsambulatorium nach 1945

Zuständig war das Betriebsambulatorium nicht nur für die Belegschaft des Aluminiumwerkes sondern auch für die Angehörigen des Kraftwerkes, der ZRA (Zentrale Reparaturabteilung), der Montageabteilung des Kraftwerkes, der Betriebsberufsschule des Kraftwerkes und der Lehrlingsausbildung von Kraftwerk und Aluminiumwerk. In den ersten Jahren seines Bestehens waren die Sprechstunden im Betriebsambulatorium aber auch für Bürger zugänglich, die nicht in den Werken tätig waren.
Das änderte sich erst Anfang des Jahres 1969: „Ab 15.02.1969 ist die allgemeinärztliche Sprechstunde des Betriebsambulatoriums Lauta nur noch für Werksangehörige und Rentner des Werkes, die bisher dort behandelt wurden, zu öffnen.“ Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die staatliche Arztpraxis im Thälmann-Haus wieder besetzt ist und somit 3 ambulante Behandlungsstellen in Lauta existieren. Die Betreuung aller Patienten des Territoriums wurde von der Werksleitung nicht gewünscht, da der personelle Umfang des Betriebsambulatoriums dafür auch nicht ausreichend war. Außerdem spielten Sicherheitsgründe eine Rolle, da sich das Ambulatorium relativ zentral auf dem Werksgelände befand und somit die Patienten bei einem Arztbesuch die Industrieanlagen zu durchqueren hatten. (Güdücü-Theurich, Annett: Das Betriebsambulatorium. Ausstellungstext Stadtverwaltung, Lauta 2015)

Feuerwehrdepot (804)

hinter Lagerhalle 1

Betriebsfeuerwehr des Lautawerks. Quelle: Sammlung Ortrun Rümcke

Straße C

Aluminiumhütte

Küchengebäude (209), Ofenhallen (206, 207, 208), Kühlturm (214a), 30 kV-Station (216).

Ofenhaus der Aluminiumhütte, um 1930. Quelle: Sammlung Ortrun Rümcke
Aluminiumhütte, Anfang 1960er Jahre. Quelle: Sammlung Ortrun Rümcke
Aluminiumhütte, 1964. Foto: Zentralbild (Bundesarchiv)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gemeinsam mit polnischen Spezialisten haben die Werktätigen der Aluminiumhütte Lauta während des gegenwärtigen Probebetriebes der Halle I die ersten Anlaufschwierigkeiten überwunden.
Unser Foto zeigt Ingenieur Stanislaw J. Orasachowski aus der VR Polen (links) und Ingenieur Günter Bolle. Am 17.2.1964 nahm die Halle II der Aluminiumhütte Lauta mit dem Verbrennen der Anoden von 32 Elektrolyteöfen den Probebetrieb auf, nachdem die Öfen der ersten Halle bereits Hüttenaluminium produzieren. Bis Anfang März werden alle Öfen die Aluminiumproduktion aufnehmen. Foto Zentralbild.

Blick auf die Ofenhallen, und die 30 KV Station, nach 1990. Foto: Jens Lienig

Straße D

Lehrlingswohnheim

Lehrlingswohnheim kurz vor dem Abriss. Fotos: Jens Lienig

Das Lehrlingswohnheim war ursprünglich Teil des im Krieg teilweise zerstörten Verwaltungsgebäudes der VAW-Lautawerk. Das Verwaltungsgebäude war in Form eines großen “T” gebaut worden. Der Querbau stand in Front zur in das Werk hinein führenden Straße. Übrig blieb der der daran angebaute Mittelbau- das spätere Lehrlingswohnheim.

Hauptpförtner

Hauptverwaltung

 

Eingang Verwaltung Lautawerk, Ende 1920er Jahre. Tür aus Aluminium. Entwurf Baudirektor Clemens Simon.

Postamt

Gasthaus Lautawerk

Hauptpförtner, um 1950, mit Betriebsberufsschule (BBS)
Hauptpförtner nach 1990. Quelle: Sammlung Ortrun Rümcke

Hinweis

Die vorstehend publizierten historischen Ansichtskarten stammen entweder aus dem Archiv des Autors oder wurden von Sammlern dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt. Es gibt im Internet zahlreiche Plattformen, die historische Ansichtskarten zum Kauf anbieten. Vielleicht hilft ihnen diese Seite, ihre Angebote zu Lauta begrifflich und zeitlich besser zuzuordnen. Sollten die Anbieter beim Betrachten dieser Seite sehen, dass Sie über ein hier nicht zu sehendes Produkt verfügen, bitte den Autoren unter info@geschichtsmanufaktur-potsdam.de benachrichtigen.

Eingeflossen sind Informationen aus folgenden Büchern:
Belli, Peter Josef: Das Lautawerk der Vereinigte Aluminium-Werk AG (VAW) von 1917 bis 1948…, Berlin 2012
Noack, Maximilian Claudius: Zwischen wilhelminischer Bedarfsarchitektur und moderater Moderne. Die Werkskolonien im Niederlausitzer Braunkohlenrevier, Petersberg 2016

© GeschichtsManufaktur Potsdam, 2024

  • 1
    Vgl. Sanierung der Teerteiche 1- 3 in Lauta abgeschlossen. In: GICONCRET, Dezember 2005, S. 2.
  • 2
    https://wiki.wasserturm-gesellschaft.de/index.php?title=Hauptseite#Sachsen
  • 3
    Wasserturm Lauta“. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-30900166 (Abgerufen: 23. Februar 2024)

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